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Denkanstöße durch systemische Fragen

Denkanstöße durch systemische Fragen

Mit Fra­gen las­sen sich vie­le Pro­ble­me und Anlie­gen lösen, wie wir schon öfter hier im Blog vor­ge­stellt haben. Das Fra­gen – und vor allem das rich­ti­ge Fra­gen – stellt eine der wich­tigs­ten Instru­men­te dar, die wir in unse­ren NLP-Aus­bil­dun­gen zum NLP-Prac­ti­ti­to­nerNLP-Mas­terTrai­ner oder Mas­ter-Coach ver­mit­teln. Fra­gen las­sen sich in allen Situa­tio­nen ein­set­zen und regen dazu an, u. a. men­ta­le Sack­gas­sen (Stuck-Sta­te) zu verlassen.

Fra­gen wer­den nicht nur im Trai­ning und Coa­ching sehr erfolg­reich ein­ge­setzt, son­dern vor allem auch im Busi­ness-All­tag. Jeder kennt sicher Situa­tio­nen, in denen sich die Dis­kus­si­on im Mee­ting seit Stun­den im Kreis dreht und sich ein Pro­blem als schein­bar nicht lös­bar ent­puppt. Egal was wäh­rend des Mee­tings getan wird, der Gesprächs­part­ner oder das Team kommt ein­fach nicht wei­ter. Sol­che Situa­tio­nen sind kei­ne Sel­ten­heit und kom­men sowohl in den bes­ten Teams als auch bei pro­fes­sio­nel­len Kom­mu­ni­ka­to­ren vor. Doch im Ver­gleich zu ande­ren haben letz­te­re noch eine Art „Geheim­waf­fe“ auf Lager: sys­te­mi­sche Fra­gen. Damit las­sen sich auch fest­ge­fah­re­ne Situa­tio­nen lösen. Und gleich­zei­tig über­nimmt der “Fra­gen­stel­ler” noch die Gesprächs­füh­rung: Wer fragt, der führt.

Systemische Fragen

Im Gegen­satz zu ande­ren Fra­ge­ar­ten geht es bei sys­te­mi­schen Fra­gen nicht vor­der­grün­dig um den Erkennt­nis­ge­winn des Fra­gen­den, son­dern viel mehr um die Eröff­nung eines krea­ti­ven Mög­lich­kei­ten-Rau­mes. Dabei soll­te der Gesprächs­part­ner ange­regt wer­den, die ein­ge­fah­re­nen (Denk-)Bahnen zu ver­las­sen und abseits der Pis­te neue Wege zu erkunden.

Bei der Anwen­dung sys­te­mi­scher Fra­gen soll­ten jedoch eini­ge Grund­sät­ze beach­tet werden:

Sobald ein Fra­ge­stel­ler sys­te­mi­sche Fra­gen zu stel­len beginnt, über­nimmt er die Füh­rung des Gesprächs. Dabei soll­te ins­be­son­de­re im Busi­ness-Bereich vor­her ein guter Öko-Check gemacht wer­den, vor allem, wenn die offi­zi­el­le oder for­ma­le Posi­ti­on in der Hier­ar­chie der Orga­ni­sa­ti­on oder im Team nicht die­ser Stel­lung ent­spricht. Hier kann es rat­sam sein, sich vor­her mit dem Vor­ge­setz­ten abzu­spre­chen und sich ggf. die not­wen­di­ge Rücken­de­ckung zu holen.

Durch die sys­te­mi­schen Fra­ge­stel­lun­gen wer­den die Befrag­ten in der Regel auf eine inne­re (trans­de­ri­va­tio­na­le) Suche geschickt, d. h. die­se Art von Fra­gen regt in ers­ter Linie sehr zum Nach­den­ken an. Daher besteht hier auch die Gefahr, dass der Fra­gen­de viel­leicht falsch ver­stan­den wer­den könn­te. Die Fra­gen soll­ten vor allem in Bespre­chun­gen und Mee­tings im Busi­ness-Bereich, aber auch im Kun­den­ge­spräch oder im Coa­ching sehr klar und ein­deu­tig for­mu­liert wer­den. Der Befrag­te soll sich kei­nes­falls durch eine sol­che Fra­ge per­sön­lich ange­grif­fen fühlen.

Wer ver­sucht, durch sys­te­mi­sche Fra­gen ein­ge­fah­re­ne Mus­ter zu lösen, soll­te selbst ein hohes Maß an Fle­xi­bi­li­tät mit­brin­gen. Es passt über­haupt nicht zusam­men, im Mee­ting neue Ansät­ze von den Anwe­sen­den zu for­dern und dabei selbst alle neu­en Mög­lich­kei­ten und Ideen als unrea­lis­tisch oder nicht mach­bar abzutun.

Der Ein­satz sys­te­mi­scher Fra­gen soll­te vor­her geübt wer­den, um Sicher­heit im Umgang mit die­ser nicht ganz all­täg­li­chen Art Fra­gen zu stel­len umzu­ge­hen. Als Tes­ter eig­nen sich vor allem die Fami­lie, Freun­de, Bekann­te oder der geschütz­te Rah­men einer Semi­nar- oder Super­vi­si­ons­grup­pe. Wer sich im Umgang mit die­sen Fra­ge­ar­ten sicher fühlt, wird sie als Berei­che­rung des beruf­li­chen und pri­va­ten All­tags erle­ben, denn sys­te­mi­sche Fra­gen leis­ten her­vor­ra­gen­de Dienste.

Methoden und Anwendung

Inner­halb der sys­te­mi­schen Fra­gen wer­den noch ein­mal ver­schie­de­ne Fra­ge­ar­ten unter­schie­den. Jede erfüllt dabei eine kla­re Funk­ti­on, deren sich der Anwen­der bewusst sein soll­te. Am effek­tivs­ten sind die­se Fra­gen, wenn sie je nach Bedarf mit­ein­an­der kom­bi­niert wer­den. Dadurch kann das Gespräch in eine sinn­vol­le und lösungs­ori­en­tier­te Rich­tung gesteu­ert und Denk­blo­cka­den gelöst wer­den.

Zir­ku­lä­re Fra­gen: Die­nen vor allem dazu, der aktu­el­len Situa­ti­on eine neue Per­spek­ti­ve zu ver­lei­hen und dar­aus neue Ansät­ze und Ideen zu ent­wi­ckeln. Bei zir­ku­lä­ren Fra­gen wird der Auf­merk­sam­keits­fo­kus auf die Wahr­neh­mung der Situa­ti­on aus den Augen einer ande­ren Per­son gelenkt. „Wie wür­de sich die Situa­ti­on aus Sicht von Kol­le­ge Mei­er dar­stel­len?“, „Wie wür­de der Chef das sehen, beur­tei­len und an die Sache her­an­ge­hen?“ Es hat sich gezeigt, dass die­se Art der Fra­gen beson­ders effek­tiv ist, wenn eine Per­spek­ti­ve einer anwe­sen­den Per­son ein­ge­nom­men wer­den soll. So ver­lässt nicht nur der Befrag­te sei­ne eige­ne Per­spek­ti­ve, son­dern die direkt benann­te Per­son erhält dadurch ein indi­rek­tes Feed­back über sei­ne Wir­kung auf die ande­ren Anwesenden.

Hypo­the­ti­sche Fra­gen: Stel­len eine sehr gute Ein­la­dung zu Gedan­ken­ex­pe­ri­men­ten dar. Sie füh­ren zwar nur sel­ten zu einer direk­ten Lösung eines bestehen­den Pro­blems, aber sie sind ein her­vor­ra­gen­der Tür­öff­ner für neue Ansät­ze in alle denk­ba­ren Rich­tun­gen. Klas­si­sche Bei­spie­le sind die fol­gen­den Fra­gen: „Was wäre, wenn plötz­lich das Pro­blem gelöst wäre?“, „Wie wür­den Sie das Pro­blem mit einem unbe­grenz­ten Bud­get ange­hen?“ Die­se Art von Fra­gen ver­wen­det den im NLP als höchst­ef­fek­ti­ven Ansatz geschätz­ten „Tu-mal-so-als-ob“-Rah­men. Durch die Aus­schal­tung limi­tie­ren­der Fak­to­ren wird oft sehr viel krea­ti­ve Ener­gie freigesetzt.

Lösungs­ori­en­tier­te Fra­gen: Sind aus dem Coa­ching kaum noch weg­zu­den­ken. Im Busi­ness-Bereich kann man sie sehr gut ein­set­zen, wenn die Dis­kus­si­on immer wie­der um die Defi­zi­te eines Pro­blems, eines Pro­jekts oder einer Situa­ti­on kreist. Durch lösungs­ori­en­tier­te Fra­gen wird der Fokus auf mög­li­che Lösun­gen und die vor­han­de­nen Res­sour­cen gelenkt. Dadurch las­sen sich Dis­kus­sio­nen ins­ge­samt posi­tiv gestal­ten. Mög­li­che lösungs­ori­en­tier­te Fra­gen sind u. a.: „Wann lief oder läuft es gut?“, „Was ist für einen rei­bungs­lo­sen Ablauf not­wen­dig?“. Durch lösungs­ori­en­tier­te Fra­gen wer­den bis­her unge­nutz­te Res­sour­cen und Mög­lich­kei­ten iden­ti­fi­ziert, mit denen sich neue Denk- und Lösungs­an­sät­ze ent­wi­ckeln lassen.

Ska­lie­ren­de Fra­gen: Ver­fol­gen gleich zwei Zie­le. Zum Einen kann man damit die Kom­ple­xi­tät einer vor­han­de­nen Situa­ti­on tem­po­rär redu­zie­ren und zum Ande­ren Pro­ble­me in das rich­ti­ge Ver­hält­nis set­zen. Wirkt ein Pro­blem oder eine Situa­ti­on zunächst über­wäl­ti­gend, ein­schüch­ternd oder kaum zu bewäl­ti­gen, kann durch die rich­ti­ge Art der Fra­ge das Anlie­gen plötz­lich viel klei­ner und beherrsch­bar erschei­nen. Zu den ska­lie­ren­den Fra­gen zäh­len z. B. „Wie beur­tei­len Sie das aktu­el­le Pro­blem auf einer Schwie­rig­keits­ska­la von 1 bis 10, wobei 1 ‘kein Pro­blem’ und 10 ‘unbe­herrsch­bar’ dar­stellt?“, „Wie ord­nen Sie das Pro­blem im Ver­gleich zu frü­he­ren Pro­ble­men ein?

Para­do­xe Fra­gen: Oder auch para­do­xe Inter­ven­tio­nen unter­stüt­zen zunächst bei der Ein­ord­nung von Pro­ble­men und Anlie­gen. Aller­dings geht ihre Wir­kung weit dar­über hin­aus, denn durch para­do­xe Fra­gen wer­den mit­un­ter die krea­tivs­ten Lösun­gen gefun­den. Natür­lich sind nicht immer alle Ideen und Vor­schlä­ge umsetz­bar, aber sie stel­len sehr gute Ansät­ze dar („Weni­ge Wahl­mög­lich­kei­ten, sind bes­ser als kei­ne Wahl­mög­lich­kei­ten.“). Para­do­xe Fra­gen könn­ten lau­ten „Wie kön­nen wir das Pro­jekt völ­lig zum Schei­tern brin­gen?“, „Wie lie­ße sich das Pro­blem noch ver­stär­ken?“ Die Wir­kung von para­do­xen Fra­gen kann aller­dings nur dann ein­tre­ten, wenn alle Befrag­ten sich ernst­haft auf die Fra­gen ein­las­sen, auch wenn sie zunächst humor­voll und viel­leicht nicht ganz ernst gemeint klin­gen. Etwas mit Humor zu neh­men, heißt noch lan­ge nicht, des­sen Ernst zu verkennen.

Wel­che Fra­gen sich für die kon­kre­te Situa­ti­on am bes­ten eig­nen, kann pau­schal nicht beant­wor­tet wer­den. Das ist abhän­gig vom Kon­text und deren Aus­wahl und soll­te auf einer gewis­sen Spon­ta­ni­tät und Fle­xi­bi­li­tät beru­hen. Wich­tig ist, bevor sys­te­mi­sche Fra­gen ein­ge­setzt wer­den, dass sich der Fra­gen­de mit deren Umgang sicher fühlt. Die poten­ti­el­le Wir­kung die­ser Fra­ge­tech­nik ist enorm – deren Neben­wir­kun­gen kön­nen es auch sein.

Der Ein­satz sol­cher Fra­gen bie­tet sich immer dann an, wenn der Gesprächs­part­ner über eine aus­ge­präg­te Dis­kus­si­ons­kul­tur ver­fügt und vor allem auch bereit ist, sich von bekann­ten Denk­mus­tern zu lösen und neu­en Denk­wei­sen zu öff­nen. In so einem Fall ist der Ein­satz von sys­te­mi­schen Fra­gen eine her­vor­ra­gen­de Inter­ven­ti­on, um krea­ti­ve Ansät­ze und Lösun­gen im Busi­ness-Kon­text zu entwickeln.